Rückblick Forschung

Wie kann die Anwerbung internationaler Pflegefachpersonen nachhaltig und fair gestaltet werden?

An der Evangelischen Hochschule Berlin fand im Oktober die Abschlussveranstaltung des vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geförderten Forschungsprojekts „Anwerbung von mexikanischen Pflegefachpersonen besser gestalten“ statt. Beteiligte Wissenschaftlerinnen stellten Ergebnisse und innovative Ansätze für einen internationalen ePflegeCampus vor. Gemeinsam mit Expert:innen aus Wissenschaft, Praxis und Politik wurde über die Herausforderungen und Chancen der Fachkräfteeinwanderung sowie deren Bedeutung für das deutsche Gesundheitssystem diskutiert. Erfahren Sie in unserem Rückblick mehr über die zentralen Erkenntnisse und Impulse der Veranstaltung.

Prof.in Dr. Erika Feldhaus-Plumin und Prof.in Dr. Olivia Dibelius von der EHB präsentieren die Ergebnisse
© Foto: Mathis Böhler
Prof.in Dr. Erika Feldhaus-Plumin und Prof.in Dr. Olivia Dibelius von der EHB präsentieren die Ergebnisse

Abschlussveranstaltung des Forschungsprojekts „Anwerbung von internationalen Pflegefachpersonen am Beispiel von Mexiko besser gestalten“

Im Jahre 2025 wird es in Deutschland ein Defizit von einer halben Million Pflegenden geben (H. Rothgang & R. Müller 2021). Trotz der verbesserten Lohn- und Strukturanreize, die es seit der Corona-Zeit für die Pflege-Branche gibt, ist der Mangel auch aufgrund der anstehenden Berentungsjahrgänge eklatant und die Migration von Pflegefachpersonen aus dem Ausland scheint unerlässlich. Es gibt seitens der deutschen Regierung bilaterale Abkommen mit Ländern, die ausgebildete Pflegefachpersonen nach Deutschland entsenden. Darunter gehört auch Mexiko.

Am 11. Oktober 2024 fand die Abschlussveranstaltung des vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geförderten Forschungsprojekts „Anwerbung von mexikanischen Pflegefachpersonen besser gestalten: Empirische Ergebnisse als Grundlage für einen internationalen ePflegeCampus“ an der Evangelischen Hochschule Berlin statt. Das Forschungsprojekt fand unter der Leitung von Prof.in Dr. Olivia Dibelius und Prof.in Dr. Erika Feldhaus-Plumin von der EHB in Kooperation mit Prof.in Dr. Meggi Khan-Zvornicanin von der Akkon Hochschule und Prof.in Dr. Beatrice Moreno von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW Berlin) statt. Die Veranstaltung bot eine Plattform für den Austausch über die Ergebnisse des Projekts und deren gesellschaftlichen und politischen Implikationen.

Herausforderungen und Perspektiven der Integration internationaler Pflegefachkräfte

Die grundlegende Frage der Tagung lautete: Haben wir etwas aus der deutschen Migrationsgeschichte gelernt oder schließen wir nahtlos an den problematischen Umgang mit den sogenannten Gastarbeiter:innen an? Prof.in Dr. Lena Kreck, Vizepräsidentin der EHB, startete mit der Erkenntnis aus ihrer Praxis als Juristin im Migrationsbereich: (…) „immer, wenn das Visum ausgestellt war, waren wir nicht mehr zuständig“. Ein Zeichen, wie segmentiert die Arbeitsprozesse auch in Fragen des Aufenthaltsrechtes sind. In diesen Erfahrungen sahen wir uns bestätigt.

Prof. Dr. Olivia Dibelius und Prof. Dr. Erika Feldhaus-Plumin stellten ihre Ergebnisse vor. Ihr Fazit lautet: „Deutschland ist ein Einwanderungsland. Deshalb bedarf es Standards der fairen Einwanderung und Inklusion. Es können sehr positive Verläufe der Einwanderung der mexikanischen Pflegefachpersonen verzeichnet werden, die hier beruflich und familiär Fuß gefasst haben.  Es sind aber auch Abbrüche und kurzfristigere Aufenthalte zu verzeichnen. In Fragen der Vereinfachung der Anerkennungsverfahren, der Verbesserung der Willkommenskultur, der Maßnahmen zur Inklusion und Unterstützung der deutschen Teams, die in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen den größten Teil der Integrationsarbeit leisten, müssen wir besser werden. Dazu braucht es des Engagements der Leistungsträger, der Politik und der Zivilgesellschaft“.

Prof. Dr. Meggi Khan-Zvornicanin ergänzte die Erkenntnisse auf der Grundlage von Expert:inneninterviews zur transkulturellen Teamentwicklung dahingehend, dass die Pflegefachpersonen aus dem Ausland in der Einarbeitungsphase an Rollendiffusion und Statusverlust leiden. Sie erleben häufig eine Negativspirale, der es entgegenzuwirken gilt. Daher sind Maßnahmen der transkulturellen Team- und Organisationsentwicklung von großer Bedeutung.

Den Abschluss bildete ein Vortrag von Prof. Dr. Beatrice Moreno über den ePflegecampus, der als innovative Plattform zur Unterstützung der Kommunikation und des Wissenstransfer bei der Anwerbung und Integration von Pflegefachpersonen konzipiert ist. Die Diskussionen nach den Vorträgen bezogen sich u.a. auf die Möglichkeiten der besseren Anleitung und Integration durch Integrationsbeauftragte und auf die verbesserte Praxis der Vermittlungsagenturen, etwa durch die Einführung des vom Deutschen Kompetenzzentrum für internationale Fachpersonen in den Gesundheits- und Pflegeberufen erarbeiteten Gütesiegels.

Konstruktive Ansätze für eine nachhaltige Anwerbungs- und Integrationspolitik

Im Rahmen der Arbeitsgruppen, die angeboten wurden, konnten Einblicke in die unterschiedlichen Perspektiven der Teilnehmenden gegeben werden, unter anderem einer mexikanischen Pflegefachperson, die den Prozess der Anwerbung bereits durchlaufen hat und ihre Erfahrungen teilen konnte.
Unter der Moderation von Prof. Dr. Monika Habermann von der Hochschule Bremen Zentrum für Pflegeforschung und Beratung (ZePB) diskutierten namhafte Expert:innen und Praktiker:innen in einer Podiumsdiskussion die Frage, welche Veränderungen für eine ethikbasierte und nachhaltige Anwerbungs- und Integrationspolitik notwendig sind. Dabei gaben die beiden aus Mexiko angereisten Kooperationspartner:innen Diana Jaimes von der UAEMex.University und Dr. Martin Luziana Soto von der Estatel de Sonora University Einblicke in das mexikanische Gesundheitswesen: „Die hohe Arbeitslosigkeit und die defizitären Arbeitsbedingungen vor Ort sind die Hauptfaktoren, die zur Migration führen“. Beide bedauerten den hohen Braindrain von Pflegefachpersonen ins Ausland. Sie glauben aber nicht an eine absehbare Verbesserung der Arbeitsbedingungen im mexikanischen Gesundheitswesen. Das wiederum führt zu ethischen Fragen im Umgang mit den ungleichen Rahmenbedingungen in den unterschiedlichen Gesundheitsbereichen und Lebenswelten der Pflegefachpersonen.

Weiterhin wurden die vielfältigen Ansätze und Probleme im Kontext der Pflegeanwerbung und -integration beleuchtet. Zahlreiche konstruktive Ideen zur Verbesserung der Vorbereitung von Migrierenden, der Durchführung des Anerkennungsprozesses - der z.B. im Heimatland selber stattfinden sollte -, der Einmündung ins Berufsleben und der sozialen Integration wurden formuliert.
Die Veranstaltung endete mit Abschlussworten von Prof.in Dr. Olivia Dibelius und Prof.in Dr. Erika Feldhaus-Plumin, die den Teilnehmenden für ihr Engagement und die konstruktiven Diskussionen dankten.
Insgesamt war die Abschlussveranstaltung ein voller Erfolg, der nicht nur die Ergebnisse des Forschungsprojektes würdigte, sondern auch die Basis für zukünftige Kooperationen und Projekte im Bereich der internationalen Anwerbung von Pflegefachpersonen schuf.

Autorinnen: Sophia Achtel, Olivia Dibelius, Erika Feldhaus-Plumin, Meggi Khan-Zvornicanin, Beatrice Moreno, Feodora Warmuth

Quelle: Rothgang, H. & Müller, R. (2021). Barmer Pflegereport 2021. Wirkungen der Pflegereform und Zukunftstrends. Barmer.

Die Personen auf dem Foto “Podiumsdiskussion”: Prof.in Dr. Monika Habermann (Hochschule Bremen, Zentrum für Pflegeforschung und Beratung (ZePB) (ganz rechts); daneben Dr. Martin Luziana Soto (Universidad Estatal de Sonora); Diana Jaimes, Marie-Luise (UAFMex) Essrich (Integrationsmanagerin bei Helios Klinikum); Dr. Sarina Strumpen, (Kuratorium Deutscher Altershilfe Köln); Prof. Dr. Lukas Slotala, (Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt); Zeki Caglar, (bedcon GmbH Berlin).

Impressionen von der Veranstaltung

Prof.in Dr. Meggi Khan-Zvornicanin bei der Präsentation ihrer Ergebnisse
© Foto: Mathis Böhler
Prof.in Dr. Meggi Khan-Zvornicanin bei der Präsentation ihrer Ergebnisse
Prof.in Dr. Olivia Dibelius, Prof.in Dr. Erika Feldhaus-Plumin und Sophia Achtel bei der Präsentation ihrer Ergebnisse
© Foto: Mathis Böhler
Prof.in Dr. Olivia Dibelius, Prof.in Dr. Erika Feldhaus-Plumin und Sophia Achtel bei der Präsentation ihrer Ergebnisse
Teilnehmende der Podiumsdiskussion unter der Moderation von Prof.in Dr. Monika Habermann von der Hochschule Bremen, Zentrum für Pflegeforschung und Beratung, ZePB (ganz rechts)
© Foto: Mathis Böhler
Teilnehmende der Podiumsdiskussion unter der Moderation von Prof.in Dr. Monika Habermann von der Hochschule Bremen, Zentrum für Pflegeforschung und Beratung, ZePB (ganz rechts)
Arbeitsgruppe unter der Moderation von Prof.in Dr. Olivia Dibelius und Sophia Achtel.
© Foto: Mathis Böhler
Arbeitsgruppe unter der Moderation von Prof.in Dr. Olivia Dibelius und Sophia Achtel.
Prof.in Dr. Bea Moreno (HTW) bei der Demonstration des ePflegecampus mit Stephanie Palm und Tanja Reith (rechts) vom International Office
© Foto: Mathis Böhler
Prof.in Dr. Bea Moreno (HTW) bei der Demonstration des ePflegecampus mit Stephanie Palm und Tanja Reith (rechts) vom International Office
Pausengespräche im Flur: Dr. Lukas, Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt und Frau Dienst, Integrationsbeauftragte (vorne links)<br />
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© Foto: Mathis Böhler
Pausengespräche im Flur: Dr. Lukas, Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt und Frau Dienst, Integrationsbeauftragte (vorne links)

Prof. Dr. Olivia Dibelius

Position Professur für Pflegewissenschaft und Gesundheitswissenschaft

Telefon +49 (0) 30 845 82 283

E-Mail olivia.dibelius@eh-berlin.de

Ort/Büro D 210, D-Gebäude

Sprechzeiten nach Vereinbarung

Prof. Dr. P.H. Erika Feldhaus-Plumin

Position Professur für Gesundheits- und Sozialwissenschaften | Studiengangsleitung: Bachelorstudiengang Bachelor of Nursing

Telefon +49 (0) 30 845 82 238

E-Mail erika.feldhaus-plumin@eh-berlin.de

Ort/Büro E 205, E-Gebäude

Sprechzeiten nach Vereinbarung

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